05.04.2022
FW Moosburg: Ukraine - Bericht von Hilfslieferungen nach Lviv
Ort: Kegelhalle Moosburg

Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion hegt Russland weiterhin erhebliche Ressentiments gegen die unabhängige Ukraine. Das Land, das es immer noch als einen entscheidenden Teil von „Mütterchen Russland“ betrachtet. Putin versucht offensichtlich, die Länder der ehemaligen Sowjetunion wieder zusammenzuführen und das rückgängig zu machen, was er mit dem Zusammenbruch der UdSSR die „größte geopolitische Katastrophe des zwanzigsten Jahrhunderts“ nennt. Nachdem Moskaus Forderungen nach rechtsverbindlichen Garantien für die Nichterweiterung der NATO seitens Washington ignoriert und nicht akzeptiert wurden, führten diese und noch andere Faktoren zu dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine.

Mittlerweile leistet die Ukraine ca. 40 Tage Widerstand gegen die russische Aggression. Die militärische Auseinandersetzung führt zu unfassbarem Leid in der Bevölkerung der Ukraine, zerstörte Gebäude, Infrastruktur, Menschenleben. Mit über 560 Mrd. Euro werden bislang die Kriegsschäden beziffert.

Viele Länder, wie Deutschland unterstützen mit humanitären Lieferungen die Ukraine. So ebenfalls unsere FW Mitglieder Anton Stengl und Reinhard Hofmann, die schon mehrmals Spendenlieferungen bis in die Ukraine gefahren haben. Am 05.04.2022 um 19:00 Uhr berichteten die beiden in der Kegelhalle Moosburg mit einem beeindruckenden Bildvortrag von Ihren Erlebnissen und Eindrücken dieser nicht ganz ungefährlichen Spendenfahrten in das Kriegsgebiet.

Der FW-Ortsvorsitzende Reinhard Lauterbach führte in die Veranstaltung ein, blickte auf die letzte schon länger zurück liegende FW Veranstaltung zurück und freute sich, dass die FW und Gäste endlich wieder zusammenkommen können, auch wenn der Anlass - der Krieg Russlands gegen die Ukraine - ein trauriger ist. Pandemiebedingt konnte in der Winter/Frühjahrszeit 21/22 weder eine Weihnachtsfeier noch weitere Bürgerstammtische stattfinden. Optimistisch blickte Reinhard Lauterbach in die Zukunft, dass künftig wieder alle angedachten Veranstaltungen stattfinden werden und begrüßte die Vortragenden Anton Stengl (FW Beisitzer) und Reinhard Hofmann (3. Vorstand). Nach einer kurzen Vorstellung kommentierten die beiden gemeinsam und abwechselnd den folgenden Bildvortrag. 

Wie ist das eigentlich losgegangen?

Durch viele viele Spendenaufrufe von etlichen Einrichtungen und Institutionen, insbesondere von Ukrainischen Kirchen in Deutschland wurden die ersten Waren eingesammelt. So auch von der Ukrainischen Kirche Landshut, die von Familie Reinhard Hofmann unterstützt wird. Die Hilfsbereitschaft ist enorm groß gewesen, sodass sich das Warenlager schnell füllte und an seine Grenzen geriet. Wie jetzt die Waren in Richtung Ukraine befördern? Am Faschingsdienstag beschlossen daraufhin Hofmann und Stengl bei einem abendlichen Bier, dass sie die bis dahin angesammelten Spenden mit Sprintern in die Grenzregion befördern. Zwei Tage später wurde eine WhatsApp Gruppe gegründet. Ein Team mit vier Fahrzeugen und acht Fahrern stand innerhalb kürzester Zeit parat. Freitagvormittag musste der ein oder andere Fahrer noch arbeiten, sodass die Fahrt um 13:00 Uhr mit Treffpunkt in Moosham begann. Gegen 14:00 Uhr war das Team an der ukrainischen Kirche in Ergolding und belud perfekt organisiert in 45 Minuten die vier Sprinter mit beschrifteten Paketen. Zollpapiere und ganz wichtig für den Grenzübergang, Empfehlungsschreiben in ukrainischer Sprache, wurden den Fahrern mitgegeben. Über die perfekt ausgebauten polnischen Autobahnen mit durchwegs 5G Handynetz ging es in die Nacht hinein weiter Richtung Grenze zur Ukraine.

Nach 14 Stunden Fahrt erreichte man die Grenzübergangsstelle Korczowa-Krakowez, eine Grenze nicht wie Kufstein oder Kiefersfelden, sondern eher an Ostblockstaaten erinnernd. Viele viele Ukrainerinnen mit Kindern warteten bei zwei Grad und windigem Wetter auf Bustransporte. Süßigkeiten wurden an die Kinder verteilt. Hofmann und Stengl blickten in Gesichter, die einen Ausdruck von Ungewissheit über die Zukunft zeigten. Mit der Information auch mit Personalausweisen in die Ukraine reisen zu können, bereitetet man sich auf die Fahrt über die Grenze in die Ukraine vor. Von den acht Fahrern hatten lediglich vier einen gültigen Reisepass. Die vier Sprinter reihten sich in den Grenzübergang auf Polens Seite ein und präsentierten Ihre Dokumente. Energisch wurden die vier Fahrer mit einem Personalausweis vom Grenzmitarbeiter noch auf Polens Seite abgewiesen und konnten nicht in Richtung Ukraine ausreisen. Mit der neuen Situation konfrontiert sind zwei Sprinter beladen mit den wichtigsten Sachen und ausgestattet mit Reisepässen in die Ukraine gefahren, während die anderen beiden Sprinter ein Spendenlager in Polen belieferten. Auf ukrainischer Seite begegneten den Fahrern tausende von wartenden Menschen und hunderte in Reihe parkender Autos, die auf die Weiterreise Richtung Sicherheit Polen warteten. Ein ukrainischer Kontaktmann empfing die beiden Sprinter auf ukrainischer Seite und geleitete die Fahrzeuge zum Spendenlager nach Lviv. Viele Helfer, teils militärisch, sind rund um die Uhr in Lviv im Einsatz, empfangen die Deutschen Helfsfahrer und entluden gemeinsam die Fahrzeuge. Mit dem Kontaktmann voraus, ging es an den wartenden Autos vorbei wieder zurück an die polnische Grenze. Die letzten 500 Meter zur polnischen Grenze waren dann doch nicht so leicht zu passieren. Alle wartenden Fahrzeuge wurden detailliert kontrolliert, sodass man für diese kurze Strecke eine Fahrtzeit von über fünf Stunden benötigte. In Polen wieder zurück ging es samstags nach Krakau, um nach über 24 Stunden Fahrtzeit dort zu übernachten und bei gemeinsamen Abendessen das erlebte zu verarbeiten. Sonntag früh begann die Rückfahrt nach Moosburg. Ankunft nach insgesamt ca. 2.400 Kilometer Strecke gegen 17.00 Uhr. Abschließend wurden die Fahrzeuge noch gereinigt. 

Der ukrainische Kontakt, eigentlich ein Designer aus Charkiw, steht mittlerweile in ständigem Kontakt zu Hofmann und bezeichnet ihn mittlerweile als Freund. Die Motivation und der Optimismus, mit dem die Ukrainer hinter ihrem Land stehen, ist sehr beeindruckend. Noch mehr motiviert die Ukrainer, die Hilfe die sie weltweit erfahren und die Unerschrockenheit der Hilfsfahrer, die das heimische Paradies für ein paar Tage verlassen, um Spendenlieferungen direkt in die Ukraine zu bringen und dadurch den Kampf für Freiheit und Normalem Leben unterstützen. 

Für Reinhard Hofmann und seine Mitstreiter stand schnell fest, dass weitere Hilfskonvois folgen werden und folgen müssen, um die dringend benötigten Spendengüter in die Ukraine zu liefern. Viele Privatpersonen und Unternehmer unterstützen das Vorhaben auch finanziell, doch Hofmann konnte keine Spendenquittungen ausstellen und wollte das auch nicht privat abwickeln. Fündig wurde man beim Verein Navis e. V., der künftig die Hilfsfahrten mitorganisiert und die Spendenleistungen abwickelt. Nach mittlerweile vier Fahrten besteht die WhatsApp Gruppe der zur Verfügung stehenden Fahrern aus über 20 engagierten Personen.